Montag, 26. Dezember 2022

Abschlussbericht Afrika

 Lange musste ich mich zurückziehen und das Gesehene und Erlebte zu verarbeiten. So macht das ein ordentlicher Nationaltrainer ja. Hansi Flick ist vor ein paar Wochen ähnlich vorgegangen. Bei dem einen dauert dieser Findungsprozess ein paar Tage, bei anderen eben neun Monate. Bei unserer Reisennationalmannschaft hatten wir es ja aber auch nicht so eilig mit den Personalentscheidungen und den Adjustierungen. Schließlich haben wir ja deutlich besser performt als unsere Kollegen beim Rasenballsport. Außerdem: lieber ein bisschen länger Zeit nehmen und dafür die korrekten Entscheidungen und Analysen treffen als wie die Kollegen 2018 schnell alles umzustürzen, nur um 2022 dann zu merken, dass man schon wieder irgendwo falsch abgebogen ist. 


Falsch abgebogen ist während der Reise übrigens keiner - um literarisch gekonnt den Bogen zu spannen. Die vier designierten Fahrer und Fahrerinnen haben sich während der gesamten Reise nichts zu Schulden kommen lassen. Trotz teils schwierigen Gegebenheiten. Schlaglöcher und Tiere auf den Straßen gehörten zu den am häufigsten auftretenden Widrigkeiten. Die Mädels hatten zudem teilweise mit angetrunkenen Mitfahrern zu kämpfen. Diese, wohl größte Hürde, meisterten sie mit Bravour. Den härtesten Job hatte wohl aber ich als ständiger Beifahrer. Es bedarf großen Charakter und viel Stärke um die Verantwortung anderen zu überlassen, obwohl man weiß, dass man es selbst besser machen könnte. Aber gut.. es ist der größte Samurai, der sein Schwert ungenutzt verrosten lässt. Generell hatte ich es auf der Reise nicht einfach. Ich musste mich ständig umher fahren lassen, konnte teils während der Fahrt schon an meinem Flüssigkeitenhaushalt arbeiten und durfte zwischen den Autos wechseln. Anders als erwartet, durfte ich außerdem nur in zwei Unterkünften mit Anna und Robert im Zimmer schlafen und musste in den restlichen Unterkünften alleine in Luxuszimmern nächtigen. Absolut belastend also. 


Was gilt es sonst noch zu thematisieren: Vor Reiseantritt hatten wir uns ein wenig Sorgen gemacht, dass die teilweise doch schon älteren Reisegruppenmitglieder das Pensum nicht ganz mitgehen könnten. Auch aus diesem Grund hatten wir darauf bestanden zwei Autos zu mieten. So hätten wir im Fall der Fälle die Schwächeren zurücklassen können. Wie das eben in der Natur der afrikanischen Savanne seit Jahrtausenden auch praktiziert wird. Im Nachhinein waren diese Bedenken mehr als unbegründet. Weder das Pensum war für die Routiniers ein Problem noch gab es auch nur eine einzige Beschwerde über Rücken- oder Gelenkschmerzen. Weiterhin konnten sie mit all ihrer Erfahrung im Reisebusiness punkten und ihre Fähigkeiten vollends einbringen. Ohne die Routiniers wäre die Reise mit großer Wahrscheinlichkeit ein Reinfall geworden. Der Bundestrainer ist auf jeden Fall vollends begeistert. Einer zukünftigen Nominierung steht somit nicht viel im Wege… abgesehen von den potenziellen altersbedingten physischen und psychischen Limitationen natürlich. Die Verfassung und gegenwärtige Leistungsfähigkeit wird somit wohl vor der nächsten Nominierung genau unter die Luke genommen. Als Bundestrainer kann ich deshalb folgende Handlungsempfehlung abgeben: Nicht zu lange warten und lieber gleich in den nächsten Jahren wieder reinhängen und sich mit guten Reiseideen- und zielen hervortun, bevor es zu spät ist. 


Zu den anderen Teammitgliedern:

Noch vor Beginn der Reise wusste Neueinsteiger Robert auf sich aufmerksam zu machen -leider nicht nur positiv- und lies dadurch Zweifel an seiner Motivation zu. Im Nachhinein kann man schon öffentlich machen, dass der Shooting Star nur haarscharf am Ausschluss aus der Nationalmannschaft vorbei geschrammt war. Zwar war der durchgeführte Covid Test negativ und alle Einreisebestimmungen wurden somit erfüllt, allerdings war das Trainerteam von den Eskapaden nur wenig begeistert. Fehlende Ernsthaftigkeit und mangelnde Vorbereitung war die Einschätzung des Bundestrainers. Es wurde kurzzeitig darüber nachgedacht Robert durch eine attraktive, intelligente, fünfundzwanzigährige Blondine zu ersetzen. Obwohl diese Neubesetzung mir als Bundestrainer sehr zugesagt hätte, haben letztendlich zwei Faktoren für den Verbleib Roberts gesorgt: Erstens hätte der Ausschluss die Teamchemie vollkommen durcheinander gebracht und das Geschlechtergewicht gekippt. Mit einer 2:3 Minderheit hätten André und ich niemals die Whiskyverkostung durchs Parlament bekommen und das Plündern der Biervorräte in diversen Unterkünften wäre auch deutlich schwieriger geworden. Zweitens, und dieser Punkt war hauptausschlaggebend: So kurzfristig habe ich keine attraktive, intelligente, fünfundzwanzigjährige Blondine gefunden. Im Nachhinein war die gescheiterte Nachbesetzung doch garnicht so unnütz, denn Robert hat durch ausgezeichnete Leistungen in den folgenden Wochen seinen anfänglichen Fauxpas mehr als ausgeglichen. Auch er erhält vom Bundestrainer somit eine Empfehlung für weitere Nominierungen. 


Beim letzten Teammitglied fällt es mir schwer viel zu analysieren. Das ist wohl der Fluch der Konstanz und durchgehend hohen Leistung ohne Fehler. Wenn man immer konstant seine Leistung zeigt und nie negativ auffällt, dann wird dieses Ausnahmekönnen irgendwann von Außenstehenden als Normal angesehen und nicht mehr richtig gewürdigt. Lange habe ich überlegt, woher Anna dieses schier übermenschlichen Fähigkeiten wohl hat und bin zu dem Entschluss gekommen,  dass es nur eine logische Erklärung gibt: Das muss im Nachnamen liegen. Natürlich gibt es aber immer etwas zu verbessern und so gibt es auch in Annas Leistung Potenzial nach oben: An ihrer Einschlaferei auf Safari muss sie unbedingt arbeiten. Kein Wunder, dass wir keine Leoparden gesehen haben. Wenn ich als Leopard sehen würde, wie sich die Leute im Safariauto genüsslich einen Mittagsschlaf gönnen, dann würde ich auch nicht aus dem Busch kommen und eine Giraffe reißen. Da würde mir bisschen die Wertschätzung für meine Arbeit fehlen.. Wenn man genauer darüber nachdenkt, ist es aber eigentlich positiv, dass wir keine gepunkteten Katzen zu Gesicht bekommen haben. Ansonsten hätten wir ja garkeinen Grund mehr um nochmal nach Südafrika zu reisen und das wäre ja auch nicht zielführend. Somit kann auch Anna mit einer positiven Bilanz aus der Reise gehen und empfiehlt sich für neue und größere Aufgaben. 


Alles in allem also eine ziemlich gute Bilanz. Keiner, der freiwillig aus der Nationalmannschaft zurückgetreten ist, keiner, der zurückgetreten wurde. Man könnte meinen, dass das nicht die letzte Reise in dieser Formation war. 


Zum Abschluss noch zwei-drei wichtige Kommentare:


1: Der Bundestrainer ist massivst bestechlich. Wer also seine Nominierung für die nächsten Reisen schonmal festigen will, der ist angehalten dies in Form von Bargeld, Aktien oder Alkohol zu tun. 


2: Desweiteren möchte ich mich bei meinen Mitreisenden für die wirklich wunderschöne Zeit bedanken. Ich bin sehr dankbar, dass ich so einen schönen Fleck Erde mit euch erkunden durfte und werde noch lange an diese schöne Zeit zurückdenken!


3: Der Bundestrainer würde seine Aufgabe nicht richtig wahrnehmen, wenn er nicht trotzdem jederzeit nach neuen Talenten Ausschau halten würde. Das Anforderungsprofil und die notwendigen Charakteristika sind aus obigem Text schon rauslesbar. Solltest du nicht 25, nicht attraktiv und nicht weiblich sein, dann verweise ich gerne auf den ersten Kommentar. Bewerbungen bitte schriftlich an mich. 


So, das soll es dann auch schon gewesen sein. Kurz, knackig und vorallem pünktlich. 


Tschüss und bis bald!


Der Bundestrainer

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